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„Lach doch mal!“
Interview mit Barbara Kolb für das Baby-Magazin “kiddies”
„Fast unentwegt werden Babys und Kinder heutzutage fotografiert. Um richtig gute Aufnahmen hinzubekommen, braucht es aber mehr als nur eine gute Kamera. Der Hamburger Fotograf Ralph von Kaufmann hat „kiddies“ im Interview ein paar nützliche Tipps gegeben.
Auf die Frage, wie er zur Kinderfotografie gekommen ist, antwortet Ralph von Kaufmann nüchtern: „Ganz einfach, meine Frau ist Hebamme. Da war das Thema für mich als Fotograf naheliegend.“ Das aber weitaus mehr dazu gehört, als einfach nur auf den Auslöser zu drücken, ahnt man, wenn man seine ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Fotos betrachtet. Im kiddies Interview verrät er, wie sie am Besten gelingen.
kiddies: Weshalb favorisieren Sie für die Baby- und Kinderfotos die Schwarz-Weiß-Fotografie?
Ralph: Ich hatte schon immer einen Faible dafür und entwickle die Bilder selbst, nach einer eigenen Technik. Der Vorteil von Schwarz-Weiß ist, dass ich viele Probleme besser in den Griff bekomme, gerade in Bezug auf Hauttöne. Babys haben ein ganz andere Haut als Erwachsene und eine große Bandbreite an Hautvariationen. Es ist zwar aufwendig, aber ich kann bei Schwarz-Weiß partiell eingreifen und Kontraste angleichen. Das kann ich bei Farbe nicht. Wenn ein Baby zum Beispiel eine sehr orangefarbende Haut hat, bekomme ich das in Farbe nur sehr schwer in den Griff.
kiddies: Wünscht man denn heute nicht eher Farbbilder?
Ralph: Da ich Schwarz-Weiß-Fotos anbiete, kommen zu mir Kunden, die genau das suchen. Zurzeit ist es ja sehr angesagt, die Kinder irgendwie zu inszenieren, mit Engelsflügeln oder Ähnlichem. Für mich ist das eher wie Still-Life-Fotografie. Die Kinder werden drapiert, sollen sich bloß nicht bewegen oder Emotionen zeigen. Ich finde das langweilig. Es ist ja gerade schön, wenn etwas passiert und Bewegung ins Spiel kommt.
kiddies: Wie bereiten Sie einen Fototermin mit Kind vor?
Ralph: Ich vereinbare einen Termin mit der Familie in ihrer privaten Umgebung. Und ich vermeide es so gut wie immer, mit Blitz oder Studiolicht zu arbeiten. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass alle Beteiligten wesentlich entspannter sind, wenn keine Studio-Atmosphäre aufkommt. Blitzlicht geht bei ganz kleinen Babys, die noch einen sehr kurzen Sehradius haben und nur Kontraste wahrnehmen, ohnehin nicht. Ein Blitzlicht würde hier im schlimmsten Fall nur ein schreiendes Kind zur Folge haben. Derartige Stressfaktoren muß man unbedingt vermeiden, wenn es entspannt bleiben soll.
kiddies: Welche Tageszeit ist denn die Günstigste?
Ralph: Ich fotografiere am Vormittag. Die Kinder sind dann ausgeschlafen, wach und noch aufmerksam. All das lässt nachmittags meist nach.
kiddies: Was tun Sie, um das Kind zum Lachen zu bringen?
Ralph: Animation ist das Entscheidende. Es kommt natürlich sehr darauf an, wie alt die Kinder sind. Bei Zwei- bis Vierjährigen setze ich Puppen und lustige Gegenstände ein, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Außerdem sorge ich dafür, dass von den Eltern immer jemand direkt neben mir ist und mit dem Kind kommuniziert. Aber auch für Babys, die ein paar Monate alt sind, ist Animation wichtig, denn in dem Alter können sie bereits lachen und greifen. Jedes Alter erfordert oft ein anderes Mittel.
kiddies: Wie schaffen Sie es, ein Kleinkind gemeinsam mit einem älteren Geschwisterkind zu fotografieren?
Ralph: Das größere Kind läßt sich gut mit Spielsachen einbeziehen. Für ein Baby von etwa fünf Monaten brauche ich allerdings jemanden, der den Clown macht, und zwar nicht mit Spielzeug, sondern mit Sprache, Stimme, Händen und Mimik. Bei einer Rassel würde das Kleine nur gucken und seine Mimik bald einfrieren. Ich will aber Emotionen bekommen, das Baby soll rumkeckern, lachen und sich bewegen. Das bekomme ich nur, wenn neben mir die Mama oder der Papa sitzt und Faxen macht, Fratzen zieht oder singt.
kiddies: Sie brauchen also vertraute Menschen als „Mitarbeiter“?
Ralph: Genau. So bekommt man einfach lebendigere Bilder. Der Rest ist dann eigentlich unkompliziert, da die Ausstattung sehr reduziert ist. Vor dem Termin frage ich, ob es einen Raum mit großen Fenstern gibt, da ich ausschließlich mit Tageslicht arbeite. Wichtig ist noch, dass das Baby nicht von der Sonne geblendet wird. Indirektes Licht ist außerdem weicher. Da das Baby häufig nur einen Body oder gar nichts anhat, stelle ich eine Wärmelampe auf. Ansonsten ist die Ausstattung nur ein weißer, weicher Mullstoff zum Auslegen und ein heller Hintergrund.
kiddies: Haben Sie schon mal erlebt, dass ein Kind partout nicht mitmachen wollte?
Ralph: Ja, das kommt vor. Es gibt Babys, die sehr distanziert auf mich reagiert haben. Gerade im Alter von 16 Wochen haben Babys häufig eine Phase, in der sie plötzlich fremdeln. Diese Zeit versuche ich inzwischen zu vermeiden. Oder wenn die Kleinen ein Woche vorher eine Impfung erhalten haben. Da macht es keinen Sinn, weil sie das erstmal verarbeiten müssen. Es gab auch ganz selten Kinder, die von vornherein abweisend reagierten und weinten. Dann geht erstmal nichts. Die meisten Kinder sind aber auf Anhieb aufgeschlossen und sehr zugänglich. Letztendlich hat das auch immer mit Sympathie zu tun.
kiddies: Was machen Sie bei Ablehnung?
Ralph: Im Zweifel muß man einfach einen neuen Termin vereinbaren. Die Eltern bekommen das ja mit. Man sitzt die ganze Zeit auf dem Boden nah beieinander, denn ich fotografiere im Sitzen oder Liegen, um mit dem Baby auf Augenhöhe zu sein. Bei einem zweiten Treffen klappt dann meist alles wunderbar. Babys leben in der Gegenwart, sie erinnern sich nicht an das erste Shooting. Man beginnt einfach wieder bei null.
kiddies: Wie lange dauert so ein Shooting?
Ralph: Durchschnittlich um die drei Stunden. Anders als in einem Studio, wo man oft nur eine Stunde zur Verfügung hat, entsteht bei mehr Zeit und in der vertrauten Umgebung zu Hause natürlich eine viel harmonischere Atmosphäre.
kiddies: Gibt es ein Idealalter?
Ralph: Meiner Erfahrung nach geht es besonders gut zwischen der zweiten und sechsten Woche und ab dem fünften Monat bis zum Vierfüßlerstand. In dem Alter sind die Kinder motorisch schon gut entwickelt, und es findet sehr viel an Interaktion, Mimik, Gestik und Emotionen statt.
kiddies: Gibt es sonst noch ein Geheimrezept?
Ralph: Keine Anforderungen an die Eltern stellen. Also beispielsweise nich erwarten, dass das Kind satt und frisch gewickelt ist – das setzt die Eltern nur unter Druck. Sowieso gilt immer das Prinzip Stressreduktion: Kein Biltzlich, vertraute Umgebung – und Still-, Wickel- oder Schmusepausen, wann immer nötig. Ich gebe den Eltern immer das Gefühl, dass ich Zeit habe. Wenn die Eltern entspannt sind, ist es meist auch das Baby. Anders gesagt: Wenn die Eltern gestresst sind, kann ich eigentlich einpacken.
kiddies: Also sind die Eltern eigentlich das Wichtigste …
Ralph: Genau. Kinder vergessen eine miese Stimmung schnell. Eltern nicht.“